Das „S“ in ESG

In unserem Beitrag „ESG…drei Buchstaben mit weitreichender Bedeutung“ haben wir einen ersten groben Überblick über das Thema „Sustainable Compliance“ gegeben. Heute wollen wir das „S“ näher beleuchten.

Das „S“ des Akronyms „ESG“ steht für „Social“; hier lassen sich die arbeitsrechtlich relevanten Themenbereiche der Sustainable Compliance zusammenfassen. Darunter fallen vor allem

  • die Einhaltung der Bestimmungen für Arbeits- und Ruhezeiten,
  • die Vermeidung von Lohn- und Sozialdumping,
  • die Gewährleistung der Arbeitssicherheit,
  • die Einrichtung von Whistleblowing-Kanälen im Unternehmen,
  • und Diversität & Inklusion sowie gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

Unternehmen in Österreich sind in diesen Bereichen einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen, die den Schutz der Arbeitnehmer:innen regeln, unterworfen. Das ist nicht neu:

  • Das Arbeitszeitgesetz („AZG“) beinhaltet seit jeher klare Regelungen zu den einzuhaltenden Arbeits- und Ruhezeiten.

  • Die Sorgfaltspflichten der Arbeitgeber:innen zum Schutz von Arbeitnehmer:innen am Arbeitsplatz wird ua im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz („ASchG“) geregelt.

  • Vor allem die beiden Begriffspaare „Diversität & Inklusion“ sowie „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ sind in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus der Aufgabenbereiche der HR gerückt worden. Diese beiden Bereiche werden im Gleichbehandlungsgesetz („GlBG“) behandelt. Die Regelungen reichen hier über Inhalte von Stellenausschreibungen, die sich an männliche, weibliche und diverse Personen richten müssen, über das Mindestgehalt nach dem Kollektivvertrag, welches in der Stellenausschreibung ausgewiesen werden muss, Regelungen zur Interaktion zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen bis hin zu Vorschriften zum Schutz vor Beendigung aus unsachlichen Gründen.

All diese Vorgaben und noch viele mehr galt es bereits in der Vergangenheit als Arbeitgeber:in einzuhalten. Praktisch werden die gesetzlichen Regelungen aber nicht flächendeckend umgesetzt. In diesem Zusammenhang hörte man öfter den berühmten Spruch „wo kein Kläger, da kein Richter“. Einige Instrumentarien sollen nun als Motivatoren der Arbeitgeber:innen für die breitere Umsetzung wirken:

  • Das zu Anfang des Jahres erlassene HinweisgeberInnenschutzgesetz („HSchG“) sieht vor, dass Unternehmen eine anonyme Meldestelle zu schaffen haben, bei der unter anderem Verstöße gegen verpflichtende Normen am Arbeitsplatz, aber auch bei der generellen Tätigkeit der Arbeitgeber:in von Arbeitnehmer:innen aufgezeigt werden können (siehe dazu detailliert „Whistleblowing – jetzt auch als Gesetz“ berichtet.

  • Für das Jahr 2024 steht nun für jene Unternehmen, die bestimmte Kriterien erfüllen, die „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ in den Startlöchern. Die österreichischen Unternehmen werden mit den anlaufenden Regelungen dazu angehalten, nicht nur die bestehenden Normen einzuhalten, sondern auch regelmäßig über die Befolgung und Förderung der davon erfassten Bereiche in ihrem Unternehmen Berichte zu erstellen und zu veröffentlichen. Die Inhalte dieser Berichte können dann von Geschäftspartnern eingesehen und natürlich auch dazu herangezogen werden, um Entscheidungen über die weitere Zusammenarbeit zu treffen.

    Im Finanzsektor sollen diese sogenannten nicht finanzielle Bewertungsfaktoren von Unternehmen auch für die Beurteilung von Finanzierungen herangezogen werden können.
    Die Nachhaltigkeitsberichterstattung betrifft aber nicht jedes österreichische Unternehmen. Aktuell sind davon nur Unternehmen mit bestimmtem Umsatzvolumen und Arbeitnehmer:innenanzahl betroffen.

  • Es ist weiters davon auszugehen, dass die EU-Richtline über die Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette ein weiteres Puzzlestück zu diesen Offenlegungspflichten sein wird. Die „Lieferkettenrichtlinie“ hat neben den Auswirkungen unternehmerischen Handelns auf die Umwelt auch die Beachtung von Menschenrechten in der Lieferkette vor Augen. Die Regelungsinhalte des letzten Richtlinienentwurfs zielen darauf ab, Unternehmen nicht nur zur Befolgung der relevanten gesetzlichen Normen intern zu verpflichten, sondern auch dazu, in Zukunft auch einen Blick auf ihre Geschäftspartner zu werfen. Diese Verpflichtung wird direkt zwar nur die großen Player treffen; indirekt werden aber auch KMU von dieser Verpflichtung betroffen sein und sich mit der Einhaltung dieser Regelungen auseinandersetzen müssen. Genaueres dazu in unserem Artikel „EU-Parlament bereitet den Weg zur Lieferkettenrichtlinie

Arbeitsrechtliche Bestimmungen sind eines der Kernstücke der Sustainable Compliance. Die sogenannte Nachhaltigkeitscompliance ist aus dem Bereich des Arbeitsrechts daher nicht wegzudenken.

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